...die Insel...
Ich naeherte mich mit meinem kleinen Schiff einer wunderschoenen
Insel. Ich sah, wie mir vom Strand jemand zuwinkte. Es faszinierte
mich, und ich wollte gerne die Insel kennenlernen, und den, der mir da
so freundlich und offen zuwinkte.
Ich ankerte mein Boot an einer ruhigen, windabgewandten Stelle im
Norden der Insel, und machte mein kleines Schlauchboot klar, um an
Land zu gehen.
Alles verlief gut, eine guenstige Stroemung erleichterte mein
Vorankommen, es gab kaum Wind, und ich landete an einer flachen
sandigen Stelle. Leichtes Rauschen der Brandung war zu hoeren,
Moewengeschrei. Was fuer ein lieblicher Ort! Die Sonne stand hoch am
Himmel, spendete fast schon zu viel Waerme.
Diese Waerme tat mir gut, und ich genoss den Anblick der Farben und
des Geruchs von Blumen, die entlang des lang hingestreckten Ufers
wuchsen.
Das Geschoepf, welches mir zugewunken hatte, trat hervor, aus einer
Luecke in dieser ueppigen Vegetation.
Wir gingen aufeinander zu, betrachteten uns, und zum Gruss bekam ich
einen kleinen farbenfrohen Blumenkranz ueberreicht.
Obwohl es keine gemeinsame Sprache gab, konnten wir uns von Anfang an
verstehen, unsere verschiedenen Sprachen hatten viele gemeinsame Laute.
Ich lernte einen Teil der schoenen Insel kennen, und ich wurde mit
viel Aufmerksamkeit von diesem Inselbewohner, einer Frau, herumgefuehrt.
...wir verbrachten eine schoene Zeit miteinander, jedesmal, wenn wir
uns trafen. Ich hatte mir eine heimelige Stelle ausgesucht, wo ich
mich einrichtete und von wo aus ich Ausfluege unternahm, allein.
Fast schon hatte ich mein ankerndes Schiff vergessen...
Ich war froh, diese liebliche Insel gefunden zu haben, und an Land
gegangen zu sein.
Dann kam dieser Tag.
Schon einige Zeit zuvor hatte ich winzig kleine Veraenderungen
wahrgenommen: die Farben der Blumen waren im Dunst blasser geworden,
doch nur ganz leicht. Das Blau des Himmels: es war anstrengend
geworden, und alle Leichtigkeit war fort. Es gab keine sicheren
Anzeichen fuer all dies, doch ich hatte es gespuert.
Das Inselwesen hatte nur noch einen welken Blumenkranz umgehaengt,
alles Leuchten war aus seinen Augen verloren gegangen. Wir hatten uns
auch nur noch einmal getroffen.
An diesem Tag machte ich einen kurzen Ausflug ans Klippenufer, um mich
abzulenken, und auch, um darueber nachzudenken, ob ich mir nicht
vielleicht alles nur eingebildet hatte.
Ich ging eine Zeitlang, barfuß, und es war schwuelwarm. Der Pfad wurde
enger. Links rauschte die Brandung, auf der rechten Seite kamen
Wolkenfetzen ueber die nahen, hohen Berge. Der ganze Himmel hatte sich
graublau gefaerbt, nur kurz zuvor war er zwar nicht tiefblau wie sonst
gewesen, aber er hatte nichts Bedrohendes gehabt.
Wind kam auf, die Palmen rauschten zuerst lieblich, aber schnell wurde
aus dem Rauschen ein boeses, reißendes und knallendes Geraeusch.
Blauschwarze Wolkenfetzen hatten die Herrschaft ueber den fast ganzen
Himmel uebernommen, sie wurden immer dicker und bedrohlicher. Wilde,
tosende Wirbel waren in ihnen zu sehen.
Ein Wolkenbruch setzte ein, urploetzlich war der Pfad nicht mehr zu
erkennen, alles war nur noch Schlamm, ueberall, beleuchtet von
zuckenden Blitzen. Donner hallte boese von den Bergen zurueck. Sturm
setzte ein, eine Boe erfasste mich. Ich verlor das Gleichgewicht,
rutschte ueber die Klippe und stürzte mehrere Meter in die Tiefe, ins
tosende Wasser des Meeres. Als ich auftauchte, war ich bereits weit
abgetrieben worden, die Stroemung an dieser Stelle war zu stark,
niemals wuerde ich das Ufer wieder erreichen koennen.
Ich wurde in einem leichten Bogen um die Insel herumgetrieben.
Schwimmen, in welche Richtung auch immer, war sinnlos.
Ich sah ploetzlich mein Bboot hinter den flacher werdenden
Wellenkaemmen. Es lag an einer einigermaßen geschuetzten Stelle immer
noch vor Anker. Ich konnte meinen Weg durchs tosende Wasser so
beeinflussen, dass ich es treffen wuerde, und war froh, die
Aussenbordstiege ausgeklappt gelassen zu haben, denn sonst haette ich
nicht an Bord gekonnt.
Ich warf mich auf das Deck, erschoepft, ich weiß nicht, wie lange ich
dort gelegen habe.
Der Sturm ließ und ließ nicht nach, ueber mehrere Tage nicht, und
schweren Herzens musste ich wohl oder uebel weitersegeln. Dabei waere
ich gerne nochmal an Land geschwommen, (mein Schlauchboot war ja
zurueckgeblieben), um noch einmal diesem Inselwesen zu begegnen, das
mir soviel bedeutet hatte.
Es ging nicht.
Ich musste weiter, durch das tosende Meer, welches sich erst nach
mehreren Tagen beruhigte. Die schoene Insel war laengst außer
Sichtweite hinter dem Horizont verschwunden.
Oft dachte ich noch an dieses Wesen. Ich hatte schon viele Inseln
besucht, aber die meisten waren unbewohnt gewesen, oede, karg,
bestenfalls mit ein paar Eingeborenen, deren Lebensweise ich nicht
verstand, und wilden Hunden.
So ist das wohl, wenn man im Ozean des Lebens unterwegs ist.
Schoenheit wechselt ab mit bedrohlichen Situationen .
Doch irgenwann erreicht man immer ein Ufer, und man kann sich
ausruhen, und neu entscheiden, ob man wieder zurueck moechte in die
Freiheit des Ozeans.
Freiheit. Liebe.
Kaum zu vereinbaren.
Geborgenheit.
Liebe.
Lassen sich wohl durch noch so viel Freiheit nicht kompensieren.
Denn Freiheit bedeutet auch ein Stueck Einsamkeit. Man muss lernen,
hiermit umgehen zu koennen. Das ist manchmal hart, denn das
Beduerfnis, zu lieben und geliebt zu werden, ist wohl allen Menschen
eingepflanzt.
Diese Geschichte ist die Umschreibung einer Begebenheit, die sich
wirklich in meinem Leben vor kurzer Zeit zugetragen hat.
Alle, die mich nahe genug kennen, wissen, das ich komplizierte und
schwierige, aber auch nahegehende, sehr persoenliche Ereignisse gerne
in umschriebener Form erzaehle.
(Enviado desde mi iPod)